Auf dem Blog vom Tagesspiegel hat Björn Bischoff diese sehr erbauliche Rezension veröffentlicht:
Tagsüber
steht er an der Werkbank, am Abend wird getrunken oder mit der Band
geprobt. Während Paul sich bemüht, wenigstens ein wenig den Geist des
Rock’n’Roll in sein Leben zu bekommen, heben seine Bekannten teilweise
ab in dem Glauben an ihre eigene Kreativität. Sein Freund Helge hält
etwa eine Lesung im Kulturhaus vor vier Menschen – einer davon ist Paul.
Betrunken. Und in Plauderlaune.
Wie die Nacht nach Frittierfett duftet
11:17 Uhr
Wenn
jemand mit einem Ziegelstein sein Erbrochenes im Suff von einer fremden
Motorhaube wischt, dann ist das nicht nur dämlich, sondern auch ein
wunderbarer Schwank für Kneipenabende. Der Gießener Zeichner Andreas Eikenroth hat
seine Graphic Novel „Die Schönheit des Scheiterns“ aus solchen
Erzählungen zusammengesetzt. Und erzählt damit in seinem Comic weit mehr
als nur Anekdoten.
„Die Figuren sind alle echt
genug, um echt sein zu können“, erzählt Eikenroth im Gespräch. Paul,
eine der Hauptfiguren der Erzählung, lebt in einer mittelgroßen
deutschen Unistadt zwischen Arbeit, Ausgehen und Ausleben.
Zu gut, um nicht erzählt zu werden
Andreas
Eikenroth schafft es in seiner Graphic Novel, dass seine Figuren sich
realistisch zusammensetzen. Jeder kennt solche Typen und ihre
Geschichten. „Ein Drittel davon ist erfunden, ein Drittel selbst erlebt,
ein Drittel haben andere Leute erlebt. Daraus habe ich die Geschichten
dann zusammengestrickt“, so Eikenroth. Die Sache mit dem Ziegelstein
gehört übrigens zu den Geschichten, die wirklich passiert sind. „Den
Schwank habe ich von Bekannten erzählt bekommen, die mit ihrer Band
unterwegs waren“, erzählt der 47-jährige Zeichner. „Die Nummer lief eben
genau so ab und so was muss in die Story mit einfließen. Das ist
einfach zu gut, das darf man nicht für sich behalten.“
Auf
ganz traditionellem Wege landete „Die Schönheit des Scheiterns“ dann
beim Verlag Edition 52. Eikenroth bewarb sich bei allerlei Verlagen.
„Bei Edition 52 habe ich eine offene Tür gefunden. Die konnten den Comic
so gut finden wie ich und sie haben es dann gemacht und gewagt.“
Farblich ist die Geschichte in Schwarz/Weiß gehalten. Als Eikenroth
seinen Comic „Tage wie Blei“ selbst verlegte vor einigen Jahren, gab es
in einer Druckerei in Gießen noch alte Druckmaschinen, die das Papier
sehr langsam durchzogen. Das gab dem Schwarz einen bestimmten Glanz.
„Ich wollte diesen Effekt unbedingt wieder haben“, sagt Eikenroth. Doch
mittlerweile stehen dort neue Maschinen. Und so mussten die Seiten
gleich zweimal durch die Druckmaschinen, damit das fette glatte Schwarz
wieder entstehen kann. „Das war das, was ich unbedingt haben wollte!“
Das
bisherige Medienecho auf „Die Schönheit des Scheiterns“ ist sehr
positiv und das zu Recht. Denn Eikenroths Geschichte sticht heraus aus
der Veröffentlichungsflut. Er erzählt ruhiger. Realistischer. Runder.
Schöner. Zwei Jahre dauerten die Arbeiten an dem Comic mit
Unterbrechung. Nachdem Eikenroth die ersten dreißig Seiten gezeichnet
hatte, kam ihm ein Auftrag dazwischen und so ging bei dem Projekt erst
mal nichts mehr – fast ein Jahr Pause. Dann setzte sich Eikenroth wieder
dran. „Das gefiel mir dann gar nicht mehr und dann habe ich die Seiten
nochmal neu gezeichnet“, sagt er. Die Geschichte selbst wuchs beim
Schreiben.
Eikenroth entlässt den Leser mit
einem offenen Ende. Die Figuren stehen alle da, wo sie am Anfang
standen. Das Glück, es liegt zwischen dem nächsten Bier und einer Nacht,
in der es aus einer Kneipe nach Frittierfett duftet. „Was ich wollte
war einfach, eine gute Geschichte zu erzählen, wie ich sie selbst gerne
lesen würde, wie ich es bei Filmen mag“, so Eikenroth. „Das ist der
Grundtenor, auf den ich stehe – das echte Leben.“
Andreas Eikenroth: Die Schönheit des Scheiterns, Edition 52, 104 Seiten, 12 Euro. Mehr von und über Andreas Eikenroth gibt es auf seiner Website.
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